Mich juckt es in den Flossen. Ich würde so gerne wieder abtauchen. Ab in die Tiefe der Meere und Seen. Aber ich habe nun eine neue Verantwortung, weniger Zeit und einige körperliche Veränderungen, die es mir nicht so einfach machen. Ich habe nämlich vor wenigen Wochen ein Baby bekommen. Einen zauberhaften kleinen Mann, der seine Eltern jetzt schon um den kleinen Finger wickelt.

Dennoch möchte ich meinem Lieblingshobby bald wieder nachgehen. Wie ich festgestellt habe, gibt es nach der Schwangerschaft einiges zu beachten.

Grundsätzliches

Selbstverständlich dürfen nur gesunde Frauen tauchen. Eventuelle Verletzungen oder Eingriffe, wie ein Kaiserschnitt, müssen komplett verheilt sein. Auch darf keine Brustentzündung vorliegen. Vor dem ersten Tauchgang sollten sowohl der Frauenarzt wie auch der Taucharzt konsultiert werden. So kann man sicher sein, als frisch gebackene Mama auch nach der längeren Pause tauchtauglich zu sein.

Das Gewicht

Auch wenn ich bereits fast 10 Kilo wieder runterhabe, passe ich noch nicht in meine Anzüge. Lediglich mein Neoprenanzug gibt mir Grund zur Hoffnung, da Neopren ja ein Stück weit mitwächst und elastisch ist. Wenn ich mir aber meinen Trocki so ansehe ist es mir ein Rätsel, wie ich  jemals wieder hinein – und hinauskommen soll. Es ist also ratsam, die Anzüge vor dem Tauchgang zu Hause anzuprobieren.

Tauchen und Stillen

Laut Arzt ist das kein Problem. Stickstoff ist sehr gut fettlöslich und löst sich in der Muttermilch. Die Stickstoffblasen werden beim Saugvorgang entsättigt, Schädigungen des Kindes sind ausgeschlossen (tauchen.de) . Die Milch wird durch den Stickstoff angeblich schaumiger, das Kind bekommt quasi einen Cappuccino ohne Kaffee serviert. Aufpassen sollte man bei der Ausrüstung. Zu enge Anzüge oder Bikinioberteile können theoretisch zu einem schmerzhaften Milchstau führen.

Stillen: Faktor Zeit

Wenn der Nachwuchs alle 2-4 Stunden gestillt wird, muss man Vorbereitungen treffen. Denn wenn der Tauchgang mal länger dauert, dann wird das Kind hungrig. Zusätzlich füllt sich die Brust mit Milch, was zu einem unangenehmen Ziehen bis hin zu Schmerzen führen kann. Damit das Kind zu seiner Mahlzeit kommt, braucht man verlässliches Bodenpersonal oder einen Babysitter. Partner, Großeltern oder Freunde können dem kleinen Menschen ein Fläschen geben. Wird abgepumpte Muttermilch mitgenommen, so muss diese gut gekühlt werden. Milchpulver hingegen muss irgendwo erwärmt werden. Möchte man kein Fläschchen geben, sollte man den Rhythmus des Kindes genau kennen.

Gefahr eines Dekompressionsunfalls

Als stillende Mutter muss man besonders auf den Flüssigkeitshaushalt achten. Das Stillen an sich führt zu einem deutlich erhöhten Bedarf an Flüssigkeit, jede stillende Frau kennt diesen unglaublichen Durst. Dadurch steigt das theoretische Risiko eines Dekompressionsunfalls leicht an, da durch das Tauchen und das Stillen ein quasi doppelter Flüssigkeitsbedarf entsteht. Daher sei stillenden Müttern geraten viel zu trinken und konservativ zu tauchen. Denn das kleine Wesen braucht eine gesunde Mutter.

Körperliche Anstrengung

Da viele Frauen in der Schwangerschaft wenig oder gar keinen Sport treiben, ist die physische Verfassung eventuell nicht ganz so gut wie vor der Schwangerschaft. Man darf nämlich nicht vergessen, dass Tauchen ein anstrengender Sport ist. Die schwere Ausrüstung, der Einfluss von Tiefe und Strömung auf den Körper, die Hitze im Urlaub, all das steckt man vielleicht nicht mehr so gut weg. Dazu kommt bei vielen Müttern eine geradezu chronische Müdigkeit durch kurze Nächte. Wer also wieder anfängt zu tauchen, sollte es langsam angehen und sich nicht überschätzen.

Das Körperempfinden

Der Körper einer Frau verändet sich in der Schwangerschaft. Neben dem Gewicht ist auch das gesamte Körperempfinden bei vielen Frauen stark verändert. Ich vertrage keine enge Kleidung mehr, schon gar nicht am Oberkörper. Es muss luftig und leicht sein. Momentan kann ich mir gar nicht vorstellen, mich in einen Neopreanzug zu zwängen und dann noch die Schnallen vom Jacket über der Brust zu haben.

Wohin mit dem Kind?

Während des Tauchganges ist Betreuung für das Kind unerlässlich. Einen Tauchgang im See kann man wunderbar mit einem Familienausflug zu verbinden. Partner und Kind nimmt man mit, parkt sie an einem schattigen Plätzchen und lässt sie für die Dauer des Tauchganges dort zurück. Vorteil ist, dass man nach dem Tauchgang auch bald wieder stillen kann. Wer in den Urlaub fährt und Tagesausfahrten mit dem Boot macht muss, muss den Partner, sonstige Angehörige oder einen Babysitter des Vertrauens dabei haben.

Fazit

Es gibt viel zu bedenken, aber nichts spricht gegen einen Wiedereinstieg in das Lieblingshobby.  Gute Planung und Unterstützung im familiären Umfeld oder Freundeskreis erlauben es auch stillenden Müttern tauchen zu gehen.  Ob, wann und wo eine Frau nach der Schwangerschaft wieder tauchen geht, ist einzig und allein ihr überlassen. Auf gar keinen Fall sollte man sich wohlgemeinte, aber oft nervige Ratschläge zu Herzen nehmen. Man sollte mit dem behandelnden Arzt sprechen und auch eine Taucharzt aufsuchen. Mein Arzt sagte so  schön : „Wenn alles verheilt ist, ist eigentlich fast alles erlaubt, was Spaß macht und gut tut.“ Wer die oben genannten Ratschläge für sich selber durchdenkt und durchspielt, sich gut vorbereitet, kann auch Wochen nach der Geburt wieder abtauchen. Ich werde berichten, wann es bei mir so weit sein wird.

About the Author: Bettina Winert

Mutter von 3 Kindern, im Exil in Wien lebend. Autorin, Taucherin und begeisterte Gärtnerin.

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