Nachhaltig Reisen & sanfter Tourismus 

Diese beiden Worte sind längst im main stream der Gesellschaft und der Tourismusindustrie angekommen. Besonders Taucher und Taucherinnen verschreiben sich dem  Naturschutz. Auch ich gehöre dazu. Ich möchte mich als Botschafterin der Unterwasserwelt sehen, denn die Natur braucht ja ein Sprachrohr. Wer könnte das besser als Meeresbiologinnen, Aktivistinnen und halt Taucher und Taucherinnen, die wissen, wie schützenswert diese Spähre unseres Planeten ist. In Wahrheit tragen wir aber zur Zerstörung der Umwelt bei, auch wenn wir uns das nicht eingestehen wollen.

Der Flugverkehr und das Klima

Taucher und Taucherinnen fliegen kreuz und quer über den Globus, um die schönsten Tauchgbiete zu entdecken. Ob  Ägypten, Costa Rica oder Timor Leste, überall findet man Taucher und Taucherinnen. Die Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima sind aber garantiert keine guten. Nur, wie genau diese zur Erwärmung der Meere, der Luft oder auch zum Artensterben beitragen, ist sehr komplex. Ausserdem kommt es auch stark darauf an, welche Studie man in die Hand nimmt. Ich habe mal versucht, mich da ein wenig einzulesen.

Weltweit entstehen durch den  Luftverkehr 2018 insgesamt 2,4 % aller menschlich verursachten CO2- Emissionen (Lee et al. 2020). In 2019 waren das 914 Millionen Tonnen CO2 (IATA 2020b). (Quelle: Klima und Fliegen) . Dass CO2 den Treibhauseffekt verstärkt und damit zur Erwärmung beiträgt, bestreiten wohl nur noch Aluhutträger,  sonstige Spinner und verlorene Seelen.

Zusätzlich führen die vielen Flugreisen zu zusätzlichem Impact auf den Planeten, die durch das reine Messen des CO2-Ausstosses nicht gemessen werden. So steht auf „Klima und Fliegen: “

Auch Stickoxide (NOx), Wasserdampf, Ruß, Aerosol- und Sulfat-Aerosolpartikel, beinflussen das Klima.  Flugzeuge erzeugen Kondensstreifen und Kondensstreifen-Zirren,  das sind Wolken aus Eiskristallen, die von Flugzeugtriebwerken in großer Höhe oft erzeugt werden. Diese  können wärmende ebenso wie kühlende Effekte haben.

Im Vergleich zu Bahn, Bus und Auto schneidet Fliegen brutal schlecht ab, was den reinen CO2 Auststoss angeht. Da sind die anderen Parameter noch nicht dabei. Fliegen ist ein wahrere Klimakiller, auch wenn wir uns immer wieder einreden wollen, dass es Schlimmeres gibt, wie weiterhin Fleisch zu essen oder viel Auto zu fahren.  Mit jedem Flug zerstören wir die Umwelt, die wir vorgeben zu schützen.

Tauchen und  Bootsreisen

Ich gestehe, ich liebe Tauchsafaris. Aber wie ist der Impact auf die Unterwasserwelt? So wirklich gut kann das doch nicht sein, mit einem Schiff voll mit Diesel oder kleinen Diesel-Speedbooten über die Wasseroberfläche zu Bretter, oder? Das Bewusstsein, dass Tauchsafaris vielleicht doch einen negativen Impact haben können, steigt zumindest. Die Schifffahrt an sich erzeugt drei Prozent aller globalen CO2-Emissionen. Hinzu kommen Verschmutzungen durch abgelassenes Öl, giftige Farben, Verklappen von Müll, Schäden durch Anker und die Belastung durch den Lärm der Motoren und Schiffsschrauben .

Ägypten_ Golden_Dolphin_StJohns_Rocky_Tauchsafari

Immer wieder sinken Tauchboote, wie gerade wieder in Ägypten, weil die einfachsten Sicherheitsmaßnahmen fehlen. Die Kundinnen schauen zu erst auf den Preis, nach zertifizierten Sicherheitsmerkmalen der Boote fragt kaum jemand.  Mit einem mit Diesel, Menschen, Nahrungsmitteln, Geräten und Motoren vollgestopftem Boot über die Meere zu fahren kann einfach nicht gut für die Umwelt sein. Das sagt mir mein Bauchgefühl und der Hausverstand.

Das Verhalten unter Wasser

Jeder Besuch in der Unterwasserwelt hinterlässt Spuren, egal wie gut wir TaucherInnen tarieren können. Wir wirlben Sand auf, brechen Korallen ab und machen Krach. Jede Handlung hinterlässt Spuren und ist ein Eingriff in die Natur, egal wie klein er auch sein mag. Manche TaucherInnen pflügen gerade zu durch das Riff, die Kamera fest vor das Gesicht getackert und zerstören ganze Korallenstöcke. Andere setzen Tiere unter Druck, in dem sie diesen sehr nahe kommen. Der Clownfisch ist nicht neugierig, wenn Taucher:Innen vor der Koralle rumlungern, sondern gestresst. Auch störe ich die Tiere mit Lampen oder Blitzlicht. Ja, auch ich fotografiere und weiss genau, dass ich die Meeresbewohner störe. Dennoch mache ich es.

Versiegelung der Küstengebiete

Ganze Küstenstreifen in Ägypten sind zubetoniert . Betonwüsten mit riesigen Touristenbunkern oder asphaltierte Marinas entziehen Lebensraum für Tiere. Die Temperatur wird weiter aufgeheizt, da der Asphalt sich massiv erhitzt und die umgebenden Gebäude Hitze abstrahlen. Die klimatisierten Gebäude verschärfen den Verbrauch von Strom und strahlen wiederum Hitze ab – ein Teufelskreis. Straßen, Flughäfen, Häfen und sonstige Infrastruktur für Touristinnen und Touristen zerstören die Umwelt nachhaltig und irreparabel.

Äypten_Marsa_Alam_Marsa_Shagra_Red Sea Diving Safari_Tauchen_Rotes_Meer_Ägypten

Auch wir als Taucherinnen nutzen diese Infrastruktur und tragen so zur Zerstörung der Küsten, die wir so lieben bei. Auch auf vermeintliche nachhaltigen Eco Lodges ausweichen, ist nur ein Tropfen auf dem wortwörtlichen heissen Stein. Denn auch hier nutzen wir Straßen, Flugzeuge und sonstige Infrastruktur ,um diese Hotels zu erreichen.

Was tun?

Für Nachhaltigkeit im Tauchen gilt das, was für eigentlich alles in unsere Welt gelten sollte: Weniger ist mehr. Weniger fliegen, konsumieren, reisen und auch tauchen. Ja, es fällt schwer. Wir haben verlernt, zu verzichten. Für unsere Eltern und Großeltern war Verzicht normal, Teil des Lebens. Die letzten Jahrzehnte von Wohlstand, scheinbar unendlichem Wirtschaftswachstum und ungezügeltem Konsum, hatten  massive Auswirkungen auf den Tourismus. Wir sollten alle wieder lernen, von allem weniger zu konsumieren und die Schönheit der Natur vor unsere Haustür entdecken. Reiseziele aussuchen, die in der Nähe liegen. Ja klar, die Tauchgänge im See sind nicht genau das, wie die im Roten Meer. Wenn es mir aber wirklich um die Umwelt geht , nicht um meine Erlebnisse und Bedürfnisse, dann verzichte ich. Schon die Anzahl der eigenen Flugreisen zu reduzieren, hilft. Statt einmal im  Jahr eine Fernreise zu manchen, reicht doch alle zwei Jahre eine Reise nach Ägypten. Vor Ort können wir die ganz krassen Beton-Bunker dennoch vermeiden und in lokalen Lodges oder Home Stays in Indonesien wohnen. Sich hinsetzten, das eigene Handeln bewusst zu hinterfragen und mit kleinen Maßnahmen starten. So wird eine große Bewegung daraus, die Impact hat. Kein Schritt ist zu klein, kein Mensch zu unwichtig, um etwas zu verändern. Dennoch bleibe ich dabei: die nachhaltigste und sanfteste Reise ist die, die ich nicht mache. So schwer es mir auch fällt.

About the Author: Bettina Winert

Mutter von 3 Kindern, im Exil in Wien lebend. Autorin, Taucherin und begeisterte Gärtnerin.

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