Das Weiß der Wüste: die Baharyia Tiefebene in Ägypten.

Das Weiß ist geradezu aggressiv, die Stille dröhnt. Nur das Kinderlachen durchbricht die Ruhe und macht diesen Moment noch wertvoller. Mir ging das Herz über vor Glück. Ich hatte mir Erfüllung meines Traums von der Weißen Wüste zwar so nicht vorgestellt, Kinder kamen in meinem Plan damals nicht vor.

Als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal von der Weißen Wüste hörte, wollte ich sie selbst mit einem 4×4 erkunden. Im Jeep durch diese faszinierenden Steinformationen fahren, tagelang nur Sand, Steine und abends den Sternenhimmel sehen.  Dass ich mit zwei von drei Kindern diese Reise alleine machen würde, für mich wäre es damals unvorstellbar gewesen. Und doch, hier waren wir nun. Mitte in der Weißen Wüste. Und es war alles noch schöner, als ich es mir jemals hätte erträumen können.

Es begann aber eigentlich alles in El Gouna, am Roten Meer. Im Oktober 2022 waren wir mit der gesamten Familie in dem luxuriösen Küpstenort.. Ein Highlight der Reise war der Ausflug in die Wüste hinter El Gouna, bis heute reden die Kinder davon.

Das brachte mich auf die Idee, mit den beiden Großen (drei und 5)  alleine in die richtige Wüste zu fahren. Mir meinen Traum von der Weißen Wüste mit ihnen gemeinsam zu erfüllen.

Den Kleinsten konnten wir leider nicht mitnehmen, das wäre für mich alleine einfach zu viel gewesen. Auch wenn er mit seinen zwei Jahren die Reise an sich schon hätte machen können. Die Wüste ist nämlich überraschenderweise sehr kinderfreundlich.

Die Weiße Wüste 

Die Bilder und Reiseberichte, die ich so gesehen habe, haben mir richtig Lust gemacht, dorthin zu fahren. Diese Felsformationen, die Sandünen und die Oasen, all das klang nach richtig viel Abenteuer. Dadurch, dass ich aber immer lieber tauchen gegangen bin und die Anreise nicht so trivial ist, habe ich diese Reise noch nicht gemacht. Bis jetzt. Den Kontakt zu einer Lodge und Organisator von Wüstensafaris  bekam ich durch einen Freund aus Kairo, der mit seinen Freunden immer wieder dort Off Road Touren macht. So fiel meine Wahl auf die kleine  Lodge in der Al Haiz Oase als Startpunkt und Home Base für unsere Ausflüge. Unseren kompletten Aufenthalt  sowie die Abholung regelt ich vorab aus Wien über Whatts App. Joanne war immer erreichbar und hat mir alle Fragen beantwortet.  Die Bezahlung geht bar vor Ort über über eine Online Buchung mit Kreditkarte.

Die  Anreise nach Al Haiz  

Endlich  saßen wir im Flugzeug von Wien nach Kairo. Ich hatte die Kinder gut vorbereitet, mit Büchern und Filmen über die Wüste und Ägypten und ihnen erklärt, was wann auf der Reise passiert. Für den Flug war ich gut ausgerüstet mit Tablets, voll mit Kinderserien, und zwei Bluetoothkopfhörern. Was auch immer hilft, ist OK.

Das ist meine Devise. So ging der Flug recht problemlos vorbei. Die Einreise in Kairo dauerte etwas länger als erwartet. Besonders lange dauerte es, eine SIM Karte zu bekommen. Ohne die wollte ich aber nicht aus dem Flughafen. Sollte etwas mit dem Fahrer nicht klappen, wäre ich aufgeschmissen. Denn man kommt nicht wieder in das Gebäude rein. Um 17:00 waren wir draussen, der Fahrer wartete auf uns. Nun folgte die wirkliche Herausforderung. Die 5stündige Autofahrt nach Al Haiz. Immerhin, die Strasse ist extrem gut ausgebaut und der Fahrer war sehr erfahren. Zwar fährt bei mir die Angst immer irgendwie mit, seit ich Kinder habe, aber es ist alles gut gegangen. Gegen 23 Uhr waren wir endlich da, es gab noch etwas zu essen und dann fielen wir in unser Bett. Am nächsten Tag erkundeten wir erstmal die Lodge.

Ankunft in der Al Haiz Lodge

Die Lodge mit Restaurant wird von Abdu Shaban und seiner kanadischen Frau Joanne geführt. Übernachtet wird in verschiedenen Hütten mit WC und Dusche sowie Zelten. Das Essen gibt es als All In Paket mehrmals am Tag frisch gekocht und serviert. Getränke und Snacks ebenso.

Ebenfalls inbegriffen war die Kinderbetreuung. Ja, richtig gelesen. Die Kinder wurden von den Angestellten und den Betreibern mit offenen Armen empfangen. Ständig spielte jemand mit ihnen, zeigte ihnen etwas oder steckte ihnen Süßigkeiten zu.

Unser Zimmer

Der erste Tag in der Oase

Al Haiz ist eine Oase in der Tiefebene von Al-Bahriyya. Die Gegend wird seit dem Neolithikum besiedelt und wird auch im Alten Ägypten erwähnt. Es finden sich in der Gegend um die Oase eine römische Weinkellerei sowie jede Menge Ton und Münzen von den ehemaligen Herrschern. Wir nutzen den ersten Tag, um die Gegend zu erkunden.  Zusammen mit Joanne  besuchten wir die Ruinen der Römer in der schwarzen Wüste, sahen Kamele und durften mit Einheimischen  das Essen teilen.  

Die Geschichte der Region ist lebendig und mit den Nachbarländern fest verwoben. Das lässt sich auch an der Bevölkerung erkennen. Viele  der heutigen Einwohner sind Nachfahren  syrischer Berber oder immigrierter Sudanesen. Bis heute leben die Einwohner, die sich als Beduinen auf Englisch titulieren, in Großfamilien, zu denen auch der Chef der Al Haiz Lodge gehört.

Sie geniessen wohl Sonderrechte, was ihren Landbesitz und die Beziehung zur Regierung in Kairo angeht. So lange man sie in Ruhe lässt, halten sie sich weitestgehend an die Gesetze und Regeln, wurde mir signalisiert. Grundsätzlich misstraut man der Regierung in Kairo aber und erlaubt sich regelmäßige Witze über den ägyptischen Präsidenten. Zufällig traf ich auf einen Esel, der den Namen Al-Sisi trug. Ein Schelm, der da eine Verbindung sieht. 

Camping in der Weißen Wüste

Ursprünglich hatten wir keine Übernachtung in der Wüste geplant, entscheiden uns aber spontan um. Joanne und ihr Team zeigen sich super flexibel und fuhren mit uns gleich am nächsten Tag in die Weiße Wüste. Der Jeep wurde beladen mit Zelten, Teppichen, Gaskocher und Lebensmitteln.

Voll bepackt  düsten wir gegen mittag in die Weiße Wüste. Der erste Halt war der Kristallberg.

Jeder Stein funkelt in der Sonne, überall sind Kristallsplitter zu sehen. Eine kleine Höhle ist nur auf dem Bauch rutschend zu durchqueren, dafür gibt es eine tolle Aussicht von ganz oben.

Sand in der Höhle

Und so ging es abschnittsweise durch die Wüste. Immer wieder gab es Pausen für die Kinder, um zu laufen, zu essen oder einfach nur im Sand zu buddeln. Die Felsformationen ändern sich stetig, mal befindet man sich in einer Ebene voller flacher Felsbrocken, mal in tiefen Steintälern mit Dünen und feinstem Sand unter den Füßen.

Da wir den Luxus hatten, die einzigen Gäste zu sein, bestimmte wir das Tempo und die Dauer der Aufenthalte.  Für die Kinder war es ein grandioses Abenteuer, eine riesige Sandkiste mit Steinen zum Klettern. Besser hätte es für meine Kinder nicht sein können.

Noch vor der Dämmerung erreichen wir unseren Platz für die Nacht und konnten uns dort komplett entspannen. Abends kochte Joanne frisch für uns, dann wurde ein Feuer vor dem Zelt gemacht. Ich habe die Kids in unser Zelt gelegt und habe mich auch noch an das wärmend Feuer gesetzt und ein Stück weit weg die Sterne bewundern. Dann habe ich mich mit in das Zelt gekuschelt.

Am nächsten Morgen gab es ein grandioses Frühstück mit Blick auf die Felsformationen und dann ging es mit dem Jeep zurück  in die Lodge. Dort ruhten wir uns ein wenig aus und verarbeiteten die vielen Eindrücke.

Der Rest des Tages war unspektakulär, wir haben Kamele gesehen und kurz auf einem geritten, aber das hat mich und die Kinder nicht so beeindruckt.

Von Al Haiz nach Fayoum

Am nächsten Tag hatte ich das Glück, dass Abdu nach Fayoum musste. Ich hatte mir schon überlegt, mir diese Oase auch anzusehen, aber es nicht wirklich geplant. So ergab es sich perfekt, dass Abdu uns mitnahm. Der erste Halt war an einer heißen Quelle, von denen es in der Gegend einige gibt. Das Wasser hatte unglaubliche 37 Grad, mir war es viel zu heiß.  Dann  ging es auf der Autobahn Richtung Norden, bis wir zu der Abzweigung Richtung Wadi Al Hitan und dem sogenannten Magic Lake kamen.

Der Magic Lake ist ein Binnensee, mitten in den Sanddünen und überraschend kühl. Ich habe hier mit Leo gebadet und wir haben etwas gegessen.

Danach ging es weiter in das sogenannte Tal der Wale, Wadi al Hitan. Zu bestaunen gibt es die Fossile urzeitlicher Wale und anderer Tiere, die in den Gewässern um Al Fayoum lange vor unserer Zeit gelebt haben.

Die Gegend um Fayoum und besonders das Dorf Tunis sind der Playground für Expats und die wohlhabenden Ägypterinnen und Ägypter aus Kairo. Hier haben viele ein Wochenendhaus oder verbringen die Wochenenden in einem der vielen Guesthouses. Als erstes traf ich natürlich auf zwei Deutsche, die hier Guesthouses betreiben. Der Ort selber hat mich nicht so beeindruckt. Im Gegenteil, ich war sehr froh, dass ich den Weg bis Al Haiz auf mich genommen hatte. Hier in Tunis wäre ich sehr enttäuscht gewesen. Persönlich habe ich Fayoum als dreckig, laut und voll empfunden. Aber es gibt sicherlich auch ganz tolle, ruhige Ecken.

Hübsch sind die Guesthouses und die zahlreichen Restaurants, Cafes und Bars. In einer von ihnen haben wir gegessen, bevor es zurück nach Kairo ging.

Die Fahrt in die ägyptische Hauptstadt hat etwas über zwei Stunden gedauert. Je näher wir dem Moloch kamen, desto stärker wurde der Verkehr. Der Schock der Umstellung war groß, denn die Tage in der Wüste waren einfach unglaublich erholsam. Die Stille der Wüste, die klare, leise Nacht. Der Kontrast zu Kairo könnte nicht größer sein. Auch wenn diese chaotische, dreckige Stadt ihre Faszination für mich hat. Aber davon berichte ich euch in einem anderen Beitrag.